In der Schweiz gibt es eine starke Kampagne, um einen Wiedereinstieg in die Atomenergie durchzusetzen. Bei einer Volksabstimmung im Jahr 2017 über die "Energiestrategie 2050" hatten 58 Prozent einem Neubauverbot für Atomkraftwerke zugestimmt. Die Initiative 'Blackout stoppen' versucht seit Monaten mit Angstmache und Propaganda, eine Mehrheit der SchweizerInnen auf Atomenergie einzuschwören. Kürzlich jedoch warf ein von den Schweizer Tamedia-Zeitungen aufgedeckter Betrugs-Skandal diese Initiative zurück. Nun hat sich auch Alpiq, einer der drei großen Strom-Konzerne neben Axpo und BKW, gegen einen Wiedereinstieg in die Atomenergie ausgesprochen.
Die Initiative 'Blackout stoppen' hatte in der Schweiz rund 130.000 Unterschriften gesammelt, dabei jedoch auch dubiose Firmen eingesetzt und 7 Franken 50 pro Unterschrift bezahlt. Offensichtlich wurde beim Sammeln der Unterschriften massiv getrickst und geschummelt. Bei bei der Unterschriftensammlung beteiligte Firmen sind in großem Stil in ein Strafverfahren wegen Unterschriftenfälschungen involviert. Besonders engagiert hatte sich der Schweizer Energie-Bundesrat Albert Rösti, der seinerseits ankündigte, das Neubauverbot für Atomkraftwerke zu kippen.
Nun gab es einen weiteren großen Eklat: Der zweitgrößte Schweizer Strom-Konzern, Alpiq, kündigte am 21. September seine Mitgliedschaft im Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Begründet ist dieser Austritt mit der Unterstützung der Kampagne für den Wiedereinstieg in die Atomenergie durch Economiesuisse. Für Economiesuisse ist das ein harter Schlag – ebenso für den Bundesrat.
Alpiq spricht sich strikt gegen neue Atomkraftwerke aus. Alpiq-Chef Johannes Teyssen hatte sich klar positioniert: "Wir sollten unsere Energie besser für die anderen Diskussionen einsetzen als für Debatten um neue Kernkraftwerke." Auch Alpiq-CEO Antje Kanngiesser erteilte den Bestrebungen der Atom-Lobby nach neuen AKW bereits mehrfach eine Absage. Sie erklärte, Atomkraft diene nicht als alternative Energiequelle der Zukunft, weil auf der ganzen Welt "kein einziger Investor" mehr sein Geld für Atomkraftwerke hergebe, wenn nicht die öffentliche Hand das Risiko übernehme.
Von daher ist es eigentlich nicht überraschend, daß sich Alpiq von Economiesuisse verabschiedet. Es stellt sich vielmehr die Frage, warum die beiden anderen Konzerne, Axpo und BKW, mit Economiesuisse verbunden bleiben. Deren Führungspersonal hatte in der Vergangenheit ebenfalls erklärt, in der Atomkraft keine Zukunft zu sehen.
Doch die Aussicht auf reichlich staatliche Subventionen hat die Haltung von Axpo verändert. Auf der einen Seite ist auch Axpo klar, daß "die Wirtschaftlichkeit neuer Kernkraftwerke heutiger Generation in der Schweiz nicht gegeben" ist - so Axpo-CEO Christoph Brand noch in diesem Jahr. Ein Axpo-Sprecher erklärte zudem: "Aus betriebswirtschaftlicher Sicht einer Investorin wie Axpo wären die finanziellen, regulatorischen und politischen Risiken Stand heute zu hoch." Diese Äußerung läßt allerdings die Interpretation zu, daß Axpo sich dann auf ein neues AKW-Projekt einläßt, wenn die finanziellen Risiken, die damit verbunden sind, von der öffentlichen Hand getragen werden.