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Dienstag, 17. Dezember 2024

Atomenergie und KI
Trägt "Künstliche Intelligenz" (KI)
zu einer Renaissance der Atomenergie bei?

Atomenergie und KI - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
In den vergangenen Monaten häuften sich Meldungen, daß große IT-Konzerne wie Microsoft, Amazon und Meta Pläne verfolgen, ihren wegen KI ansteigenden Strombedarf durch Atomstrom zu decken. Zum Einen sollen eingemottete Atomkraftwerke reaktiviert werden, zum Anderen ist vom Neubau konventioneller Atom-Reaktoren die Rede und von utopischen SMR-Projekten.

Am 20. September 2024 wurde bekannt, daß Microsoft beabsichtige, Reaktor 1 des AKW Harrisburg ("Three Mile Island") wieder in Betrieb zu nehmen, um damit ein eigenes Rechenzentrum mit Strom zu versorgen. Reaktor 2 dieses Atomkraftwerks wurde bei einer Kernschmelze im Jahr 1979 - nur 11 Monate nach seiner Inbetriebnahme - zerstört. Reaktor 1 wurde im Jahr 2019 abgeschaltet. Für die Wiederinbetriebnahme wird offiziell als Grund angegeben: "Der wachsende Energiebedarf von Microsofts KI" (ARD Tagesschau). Zudem teilten der Technologiekonzern Microsoft und der Versorger Constellation Energy mit, sie hätten einen 20 Jahre laufenden Stromliefervertrag geschlossen, um den wachsenden Energiebedarf von Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) zu decken.

Am 2. November 2024 kam die Nachricht, daß die US-Energieregulierungsbehörde den Plan von Amazon, das AKW Susquehanna als Stromversorgung für ein Amazon-Rechenzentrum einzusetzen, abgewiesen hat.

Am 4. Dezember 2024 berichtete der Österreichische Rundfunk, daß der US-Konzern Meta (Betreiber der Bespitzelungs-Dienste Facebook, Instagram und WhatsApp) beabsichtigt, für den Ausbau seines KI-Bereichs AKW-Strom zu verwenden und daher nach eigenen Angaben Entwickler für den zukünftigen Bau von eigenen AKW sucht.

Laut der Investment-Bank Goldman Sachs wird sich der Stromverbrauch von Rechenzentren in den USA zwischen 2023 und 2030 etwa verdreifachen und rund 47 Gigawatt an neuer Kraftwerks-Leistung erfordern. Unabhängige ExpertInnen schätzen dies jedoch als unrealistischen Hype ein.

Auf der anderen Seite verweisen ExpertInnen von Goldman Sachs in einer Analyse auf Schätzungen, wonach eine Anfrage bei ChatGPT sechs bis zehn Mal mehr Energie benötigen könne als eine Anfrage bei einer klassischen Suchmaschine.

Entscheidend ist jedoch die Frage, wie sich der Einsatz von KI in der Zukunft entwickeln wird. Es ist die Rede von einer vierten industriellen Revolution. Als erste industrielle Revolution wird die Nutzung von Dampfkraft für Maschinen bezeichnet, die erstmals in der Menschheitsgeschichte in großem Umfang menschliche und tierische Arbeitskraft ersetzen konnten. Entscheidend war, daß Maschinen diese Arbeitskraft billiger zur Verfügung stellen konnten und sich so der Profit steigern ließ. Einen weiteren Schub der sogenannten Rationalisierung bewirkte die zweite industrielle Revolution durch den Einsatz von Elektrizität bei der Massenproduktion. Als dritte industrielle Revolution wird der massenhafte Einsatz von Computern, IT und Automatisierung bezeichnet.

Bei jedem dieser Schübe bei der Produktionssteigerung und der weiteren Verdrängung menschlicher Arbeitskraft verschlechterte sich jedoch das Verhältnis von eingesetzter Energie und hinzugewonnenem Profit. Ob sich der drastische Mehrbedarf an Energie für den Einsatz von KI tatsächlich auf breiter Front durch Profitsteigerungen erwirtschaften läßt, ist die entscheidende Frage bei der Einschätzung der Zukunft der KI.

Interessant ist auch die Beobachtung über einen Zeitraum von einem Vierteljahrhundert, daß die sogenannte dritte industrielle Revolution nicht zu einer Erhöhung des Stromverbrauchs führte. Wachsender Stromverbrauch auf der einen Seite wurde durch Effizienzsteigerungen auf der anderen Seite kompensiert.

Entscheidend für die zukünftige Entwicklung des Stromverbrauch wird jedoch vor allem sein, ob sich die völlig irrationale aber seit über zehn Jahren propagierten Agenda einer "Sektorkopplung" politisch durchsetzen läßt. Hierzu gehört etwa die Umstellung der gesamten Kraftfahrzeug-Flotte (in Deutschland rund 40 Millionen PkW) auf Elektro-Motoren und das Projekt einer Umstellung der Hausheizungen auf Elektro-Wärme-Pumpen auf breiter Front - wie es mit dem gescheiterten "Heizungsgesetz" geplant war.