Logo Anti-Atom-Gruppe Freiburg, Titel der Homepage, Version 600x119
Leerblock weiß

Samstag, 21. Dezember 2024

AKW Flamanville
Nach 18 Jahren Bauzeit geht der EPR-Atomreaktor in Betrieb

EPR-Reaktor, AKW Flamanville - Foto: Françoise Palluel - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Zu Baubeginn im August 2006 hieß es noch, das Vorzeige-Projekt eines "Europäischen Druckwasser-Reaktors" (EPR) am Standort des französischen AKW Flamanville werde für einen Fixpreis von 3,2 Milliarden Euro bis 2012 fertiggestellt. Nach über 18 Jahren Bauzeit und mit 12 Jahren Verspätung wurde nun offiziell der Betriebs-Beginn verkündet. Das EPR-Zwillings-Projekt am Standort des finnischen AKW Olkiluoto wurde ein Jahr zuvor, im August 2005 begonnen. Er ging im April 2023 in Betrieb. Doch wegen häufig auftretender Fehlfunktionen steht er öfter still, als daß er Strom produziert.

Am Samstag, 21. Dezember, nahm der französische Präsident Emmanuel Macron an der Inbetriebnahme-Feier in Flamanville teil. Da Macron von einem "großen Augenblick" sprach, muß davon ausgegangen werden, daß er auf einen weniger stillstandsanfälligen Betrieb als in Olkiluoto hofft. Auch zum Thema Klimaschutz durch Atomenergie machte Macron erneut einige unseriöse Aussagen.

Es ist das erste Mal seit 1999, daß in Frankreich ein neuer Atom-Reaktor in Betrieb genommen wird. Seit 1986 stagniert die Zahl der weltweit in Betrieb befindlichen Atom-Reaktoren bei knapp über 400.

Zwei Jahre nach Baubeginn - Ende 2008 hieß es offiziell, daß sich die Bauzeit um ein Jahr - bis 2013 - verzögere und die Baukosten statt der veranschlagten 3,2 Milliarden 4 Milliarden Euro betragen werden. Mitte 2010 verkündete der französische Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF die zweite Datums-Verschiebung: Der kommerzielle Betrieb sei erst für 2014 zu erwarten und die Kosten erhöhten sich auf 5 Milliarden Euro. Im Juli 2011 bezifferte EdF die Kosten auf 6 Milliarden Euro und verschob die geplante Inbetriebnahme auf 2016. Im Dezember 2012 gab EdF die vierte Datums-Verschiebung bekannt und mußte zugleich eingestehen, daß die Bau-Kosten um mehr als das Doppelte auf 8,5 Milliarden Euro gestiegen seien. Im Jahr 2015 hieß es: Bis Ende 2018 - bei Kosten von 10,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2018 erfolgte die sechste Datums-Verschiebung - auf 2024. Und im Gegensatz zu EdF, die nunmehr von Baukosten in Höhe von insgesamt 13,2 Milliarden Euro sprach, bezifferte der französische Rechnungshof diese auf über 19 Milliarden Euro.

Daß es beim Bau des EPR-Reaktor in Flamanville kaum sorgfältiger als bei seinem Zwilling in Olkiluoto zuging, darauf deutet die Tatsache, daß der Deckel des Reaktordruckbehälters produktionsbedingte Risse aufweist. Die französische Atomaufsicht genehmigte dennoch den Betrieb und erteilte lediglich die Auflage, daß der Deckel bis spätestens 2030 ausgetauscht werden muß.

Der EPR-Reaktor soll vorläufig nur mit 20 Prozent seiner Leistung gefahren werden. Korrekt wäre es daher, von einem Probe-Betrieb zu reden. Nach offizieller Aussage ist der Voll-Last-Betrieb erst ab Sommer 2025 vorgesehen.

Vor der Stilllegung des elsässischen AKW Fessenheim mit zwei Druckwasser-Reaktoren à 880 MW Leistung verfügte die EdF über 19 Atomkraftwerke mit insgesamt 58 Atom-Reaktoren. Mit nunmehr 57 Atom-Reaktoren verbleibt die Anzahl somit unter jener der Jahre 1999 bis 2020.