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Dienstag, 20. August 2024

Forschungs-Reaktor Garching
Noch ausstehender Schritt zum Atomausstieg
Erneute Klage gegen Weiterbetrieb

Forschungsreaktor Garching - Foto: Graf-flugplatz - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert
Der Forschungs-Reaktor Garching der Technischen Universität München wird seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2004 mit hoch-angereichertem Uran betrieben. Es handelt sich um atomwaffenfähiges Uran mit einem Anreicherungsgrad von 87 Prozent. Von den rund 30 Kilogramm Uran, die pro Jahr in Garching eingesetzt werden, reicht die Hälfte aus, um eine Atombombe des Typs Hiroshima zu bauen. Neben der Brennelemente-Fabrik Lingen und der Urananreicherungs-Anlage Gronau, die nach wie vor unbefristete Betriebsgenehmigungen haben, ist die Stilllegung des Forschungs-Reaktors Garching einer von vielen noch ausstehenden Schritten zu einem Atomausstieg in Deutschland.

Mit dem Betrieb des Forschungs-Reaktors Garching ("FRM II") untergräbt Deutschland die internationalen Bemühungen zur Abrüstung und zur Nichtverbreitung von Atomwaffen. Bereits vor der Inbetriebnahme im Jahre 2004 setzte sich das Umweltinstitut München gegen die Verwendung des atomwaffenfähigen Brennstoffs ein. Am 18. Juni hat nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Klage des BUND gegen den Weiterbetrieb abgewiesen. Diese Klage ging auf ein gemeinsam mit dem Umweltinstitut beauftragtes Rechtsgutachten aus dem Jahr 2019 zurück.

Doch gemeinsam mit der Ärztinnen- und Ärtze-Organisation IPPNW zieht der BUND nun vor das Bundesverwaltungsgericht, so der Landesgeschäftsführer des BUND Naturschutz Bayern (bayerischer Landesverband des BUND), Peter Rottner. Nach wie vor ist offensichtlich, daß der Betrieb des Forschungs-Reaktors Garching illegal ist: Die TU München hat bis heute eine wesentliche Bestimmung der 3. Teilerrichtungsgenehmigung (TEG) aus dem Jahr 2003 nicht erfüllt. In dieser TEG wurde festgelegt, daß bis spätestens 31. Dezember 2010 die Umrüstung auf niedriger angereichertes Uran – mit einem Anteil an spaltbarem Material unter 50 Prozent - erfolgt sein muß. Diese Frist wurde dann mehrfach verschoben – zuletzt sogar in geheimer Vereinbarung ohne konkretes Datum. Die Umrüstung ist bis heute nicht erfolgt und die Bayerische Atomaufsichtsbehörde hat all die Jahre beide Augen zugedrückt. Und welche doppelbödige Rolle die deutsche "rot-grüne" Bundesregierung im Jahr 2004 bei der Erteilung der Betriebsgenehmigung für den Forschungs-Reaktor Garching gespielt hat, weiß heute kaum mehr jemand (Siehe diesen Artikel v. 10.06.2004).

Der von Beginn an umstrittene Forschungs-Reaktor ging vor 20 Jahren gegen internationalen Widerstand in Betrieb. Er war der einzige Neubau eines Reaktors weltweit, der mit hoch-angereichertem Uran betrieben wird. Die USA hatten schon in den 1970er-Jahren die weltweite Umstellung von Forschungs-Reaktoren auf niedriger angereichertes Uran angestoßen, um die Verbreitung von atomwaffenfähigem Material zu unterbinden. Statt die hohe Anreicherung des Brennstoffs – wie international üblich – durch ein Material mit höherer Dichte zu ersetzen, kombinierte die TU München beides: hohe Dichte und hohe Anreicherung. Die USA weigerten sich daraufhin, Brennstoff für den Reaktor in Garching zu liefern. Daraufhin besorgte die TU München ihn - zunächst heimlich - aus Rußland.

Mitte Mai 2020, war aus dem Reaktor radioaktives C-14 ausgetreten. Ein Jahr zuvor wurde bei einem Störfall schwach radioaktiv kontaminiertes Wasser in die Isar eingeleitet. Auch dies wurde zunächst verheimlicht. Selbst die ausgedienten Brennelemente des Versuchs-Reaktors Garching sind mit 87 Prozent immer noch hoch-angereichert. Zum Vergleich: Bei Brennelementen aus kommerziellen Leistungsreaktoren liegt der Anreicherungsgrad bei 2 Prozent.

Seit mehreren Jahren ist der für die Forschung und Medizin angeblich unverzichtbare Reaktor ohnehin außer Betrieb. Zuerst fehlten Brennelemente, dann sorgten die CoViD-19-Pandemie und defekte Bauteile für Zeitverzögerungen. Wichtige Einbauten, die zum Betrieb erforderlich sind, fehlen bis heute. Vor 2025 geht der Reaktor vermutlich nicht wieder in Betrieb.

Bis heute gibt es weltweit kein "Endlager" für hoch-radioaktiven Atommüll. Und in Deutschland kann unter der optimistischen Annahme einer erfolgreichen Suche nach einem Lagerplatz für den hoch-radioaktiven Atommüll frühestens 2087 mit der Einlagerung begonnen werden. Aber das Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente des Forschungs-Reaktors Garching ist bereits fast voll. Geplant ist von Seiten der TU München und der Bayerischen Landesregierung die abgebrannten und immer noch hoch-angereicherten Brennelemente ins nordrheinwestfälische "Zwischen"-Lager Ahaus zu transportieren. Dagegen wehrt sich nicht nur die Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus, sondern auch der Gemeinderat und die parteilose Bürgermeisterin der Stadt im Münsterland, Karola Voß.