Japan ist in jedem Jahr von mehreren Erdbeben betroffen. Am 11. März 2011 hatte ein Erdbeben der Stärke 9, dessen Epizentrum 160 Kilometer östlich vor der japanischen Küste lag, einen Tsunami ausgelöst, der über 22.000 Menschen den Tod brachte und im AKW Fukushima Daiichi einen dreifachen Super-GAU verursachte. Trotz vielfältiger Bemühungen der japanischen Atomkraft-Branche und der servilen Regierungen zeigt eine Bilanz, daß die Atomenergie in Japan 12 Jahre danach de facto am Ende ist.
In Japan waren vor dem 11. März 2011 54 Reaktoren in 17 Atomkraftwerken in Betrieb, die etwa ein Drittel des Strombedarfs deckten. In den ersten Monaten nach der Reaktor-Katastrophe waren sämtliche Atomkraftwerke abgeschaltet. "The dream that failed" (deutsch: "der gescheiterte Traum") titelte das britische Magazin Economist weitsichtig im Jahr 2012. Dabei hatte die japanische Regierung schon am 8. Juni 2011 - kaum drei Monate nach der Reaktor-Katastrophe - dem Druck der Strom-Konzerne nachgegeben und gegen den Willen einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung dem Neustart der Atomenergie zugestimmt. In dieser Zeit waren die ersten beiden Atom-Reaktoren von insgesamt 50, die noch funktionsfähig waren, wieder hochgefahren worden. Laut 'Japan Times' hatte eine landesweite Umfrage ergeben, daß 59,5 Prozent der Befragten den Neustart der Reaktoren des AKW Ohi ablehnen und nur 26,7 Prozent das erneute Hochfahren befürworten. In den drei Monaten, als sämtliche japanischen Atom-Reaktoren abgeschaltet waren, hatte sich gezeigt, daß die japanische Stromversorgung keineswegs zusammenbricht wie die Atom-Lobby immer gedroht hatte.
27 Atom-Reaktoren wurden in den vergangenen 12 Jahren endgültig stillgelegt - teils, weil sie die weiterhin laxen Sicherheitsvorschriften nicht erfüllen konnten, teils wegen heftiger Proteste der lokalen Bevölkerung. Heute sind von den verbliebenen 33 Atom-Reaktoren nur zehn in Betrieb. Dies sind die Reaktoren 3 und 4 des AKW Genkai, Reaktor 3 des AKW Ikata, die Reaktoren 1 und 2 des AKW Sendai, die Reaktoren 3 und 4 des AKW Takahama, die Reaktoren 3 und 4 des AKW Ohi, sowie Reaktor 3 des AKW Mihama. Damit liegt der Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung heute lediglich bei sechs Prozent und also bei rund einem Fünftel des Anteils vor dem 11. März 2011.
Und obwohl die derzeitige Regierung im Interesse der Atomkraft-Branche jüngst wieder einmal verkündete, die AKW-Laufzeiten verlängern zu wollen und den Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung auf bis zu 22 Prozent zu erhöhen, ist dies wenig realistisch. Denn die alten japanischen Atomkraftwerke können nicht mehr an die international gängigen Sicherheitsvorschriften angepaßt werden und zudem ist der lokale Widerstand immer noch sehr stark. Auch die Klagen von japanischen Atomkraft-GegnerInnen vor Gericht sind häufig erfolgreich, wie eine Untersuchung der Technischen Universität (TU) München aufzeigt.
Auf der anderen Seite wurde der Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen 12 Jahren noch rigider als in Deutschland gebremst. Dabei ist Japan ein sehr windreiches Land und könnte allein mit Windkraftanlagen seinen gesamten Strombedarf problemlos decken. Auch hinsichtlich Solarenergie, Wasserkraft und Biogas ist Japan in einer komfortablen Situation - technisch betrachtet, nicht jedoch politisch. So liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung in Japan heute lediglich bei 8,8 Prozent. Dies ist zwar mehr als die 6 Prozent der Atomenergie, aber 84,8 Prozent des Stroms stammt mittlerweile aus fossilen Energieträgern.