Interview: Klaus Schramm
K.S.: Um was geht's denn bei dieser Demo heute?
Olaf Bandt: Es geht darum Klimaschutz und die Energie-Wende voranzubringen. Und das gemeinsam mit sozialen Interessen. Das nicht gegeneinander auszuspielen, sondern das zu beschleunigen. Und dabei auch Energiesicherheit und soziale Fragen in Übereinkunft zu bringen.
K.S.: Was sind die wichtigen Forderungen bei der heutigen Demo? Sehen Sie Bewegung bei der Ampel-Regierung in dieser Hinsicht? Was kann der BUND für die Durchsetzung der Energie-Wende tun?
Olaf Bandt: Wie so oft ist die Bewegung in der Ampel-Regierung gegensätzlich. Wir erleben schon, daß insbesondere die Grünen am Atomausstieg und an der Energie-Wende festhalten, die SPD auch - aber wir erleben bei der SPD, daß sie ja gleichzeitig neue fossile Lagerstätten erschließen will - bis zum Fracking in Deutschland. Und bei der FDP, da ist mein Eindruck, daß immer noch jeder einzelne Schritt für die Energie-Wende bekämpft und in Frage gestellt wird. Deren Debatte für die Verlängerung der Laufzeiten bei Atom zeigt ja, daß es denen wieder ums Ganze geht - wie sie die letzten zwanzig Jahre immer blockiert haben.
K.S.: Wir sind hier nur ein paar Meter entfernt vom Wirtschaftsministerium, wo Minister Robert Habeck sitzt. Da hängt ein Transparent vorne an der Straße, worauf es als positiv dargestellt wird, auch die LNG-Terminals zu fördern.
Olaf Bandt: Das ist ein gutes Beispiel. Diese LNG-Terminals - da hängt hinten dran: auch neue Erdgas-Lagerstätten erschließen - die sind ja verheerend fürs Klima, für Umweltzerstörung beim Fracking, aber auch für neue Erdgasfelder. Und deswegen sagen wir: Wenn es jetzt so ist, daß wir die für diesen und nächsten Winter brauchen, um Energiesicherheit überhaupt herzustellen, dann kann man das kurzfristig machen, aber man darf nicht in langfristige Log-Ins - also in dauerhafte Lieferverträge mit diesen fossilen Strukturen reinkommen.
K.S.: Es dürfte aber so sein: Wenn diese LNG-Terminals erst mal errichtet sind, dann sind da schon etliche Gelder hineingeflossen...
Olaf Bandt: Genau. Das ist der Kampf. Gleichzeitig gibt es schon Versuche des Bundeswirtschafts- und klimaministeriums, genau diese Laufzeiten zu befristen. Und dafür stehen wir ja auch und dafür setzt sich der BUND ein, daß es keine dauerhaften Log-Ins gibt, sondern maximal zehn Jahre Laufzeit wie ja auch dann bei der Energie-Wende der Gasausstieg vollzogen wäre.
K.S.: Nun steht ja zu befürchten, daß es auch nicht bei diesem 15. April in Hinblick auf AKW-Laufzeitverlängerung bleiben wird. Besteht die Gefahr, daß über den 15. April hinaus verlängert wird? Der BUND hat ja angekündigt, gegen die Laufzeitverlängerung vor Gericht zu ziehen.... Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der AKW-Laufzeitverlängerung und dem Abbremsen der Energie-Wende?
Olaf Bandt: Diejenigen, die das betreiben wollen und die weiter an den fossilen und atomaren Energien dranbleiben wollen, sehen diesen Zusammenhang. Man muß ja sehen, CDÙ/CSU und FDP haben immer für fossile und atomare Energie plädiert und tun dies jetzt auch wieder. Und das steht immer in einer Frontstellung zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Energieeinsparung. Deswegen müssen wir uns gemeinsam dagegen wenden, daß die Laufzeit tatsächlich verlängert wird - über diesen 15. April hinaus, wenn das jetzt so beschlossen ist. Und ich glaube, da haben wir auch große Chancen. Weil es auch völlig widersinnig ist - wenn ich die Atomkraftwerke in Frankreich sehe, die Sicherheitsfragen in Deutschland und... und... und... - da jetzt wieder einzusteigen für Deutschland und neue Brennstäbe zu beschaffen.
K.S.: Denken Sie denn, daß auf Bundeskanzler Olaf Scholz Verlaß ist, der beispielsweise im Juni vergangenen Jahres noch gesagt hat, für ihn kommt eine AKW-Laufzeitverlängerung nicht in Frage - im August hat er dann gesagt, wir prüfen das - jetzt hat er gesagt, bis 15. April. Ist denn Verlaß darauf, daß er diesen 15. April wirklich einhält oder ist zu befürchten, daß es von der jetzigen Bundesregierung doch wieder verlängert wird?
Olaf Bandt: Verlassen tun wir uns darauf nicht. Man muß einfach sagen: Sie haben am Anfang gesagt, Nein, das soll's nicht geben, dann gab's einen Stresstest, dann Streckbetrieb, dann mal Sicherheitsreserve... Wir müssen weiter dafür kämpfen, daß wir dieses Aus zum 15. April auch wirklich bekommen. Und das ist eine Aufgabe der alten Anti-Atom-Bewegung und der neuen Klimaschutz-Bewegung gemeinsam! Wenn wir es nicht schaffen - und das ist ja heute so ein Punkt - das zusammenzubringen: den Atomausstieg und Klimaschutz gemeinsam zu forcieren - und dafür ist diese Demo ganz wichtig! - dann haben wir auch am 15. April wahrscheinlich verloren.
K.S.: Nun ist es ja so, daß der Kontakt zwischen BUND und der Anti-Atom-Bewegung in den vergangenen Monaten nicht gerade zum Besten lief. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Kommunikation zu verbessern?
Olaf Bandt: Na ich glaube, wir sind ja alle in diese Situation hineingerutscht, in die Debatte um die Verlängerung der AKW-Laufzeit. Da hat jeder für sich erst mal agiert und geguckt: Wie kann man mobilisieren zu großen Ereignissen. Das ist ja einer der Streitpunkte. Und wir müssen uns natürlich wieder angewöhnen, Vernetzungsstrukturen ernst zu nehmen... Ich finde das auch eine Katastrophe, wenn wir am selben Tag plötzlich merken: Wir haben da gleichzeitig Demos angesetzt. So soll es nicht sein. Und gleichzeitig müssen wir auch die unterschiedlichen Rollen sehen: vom BUND, der sozusagen ein breites Feld von Themen bespielt - Energie-Wende, Naturschutz, Landwirtschaft... und natürlich dem dringend erforderlichen Engagement vor Ort in Bürgerinitiativen, die sehr punktuell zu dem einen oder anderen Thema arbeiten. Das ist nie friktionsfrei. Und da braucht es auch gegenseitig Geduld und Miteinander und nicht eine Eskalation der Probleme, die dabei auftreten. Dafür kann ich nur plädieren. Wir sind da bereit. Wir sehen die Anti-Atom-BIs weiter als zentrale Verbündete für die Energie-Wende und auch für den Klimaschutz. Und das müssen wir nun deutlich machen im Miteinander.
K.S.: Okay, das finde ich jetzt ein sehr schönes Schlußwort. Ich bedanke mich.
Olaf Bandt: Dankeschön.