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Freitag, 11. November 2022

Bundestag: Regierungs-Abgeordnete nicken
AKW-Laufzeitverlängerung ab

Reichstag mit Atommüll-Fässern - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Wie kaum anders zu erwarten hat der Deutsche Bundestag die von der Ampel-Regierung vorgelegte Änderung des Atom­gesetzes am Freitag, 11. November 2022, abgenickt und damit die AKW-Laufzeitverlängerung beschlossen. Formal ist der Atomausstieg also vom 31.12.2022 auf den 15.04.2023 verschoben worden. Damit ist nun die Tür geöffnet, um die AKW-Laufzeiten in Deutschland auch über den kommenden April hinaus zu verlängert.

Bei der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf der Ampel-Regierung stimmten 375 Bundestagsabgeordnete dafür, 216 dagegen, 70 enthielten sich. Unter den Abgeordneten der Ampel-Koalition sollen sich 9 befinden, die mit "Nein" stimmten. Hierzu liegen allerdings auf verschiedenen Unterseiten von www.bundestag.de widersprüchliche Darstellungen vor. So findet sich etwa zum Abstimmungsverhalten von Kathrin Henneberger einerseits auf
www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/H/henneberger_kathrin-860936#ptv3
ein "Ja" - andererseits auf
www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=817
ein "Nein".

De facto spielt dies allerdings keine Rolle, da traditionell nach den obligatorischen Probeabstimmungen in den Fraktionen vor wichtigen namentlichen Abstimmungen im Bundestag in aller Regel einvernehmlich festgelegt wird, wer die "Feigenblatt"-Rolle spielen darf.

Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) sagt zur heutigen AKW-Laufzeitverlängerung: "In der Debatte um die Nutzung der Atomkraft wurden wissenschaftliche Fakten ignoriert. Die heutige Entscheidung ist verantwortungslos und durch nichts gerechtfertigt."

Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz am 17.10. mit Berufung auf seine "Richtlinienkompetenz" die AKW-Laufzeitverlängerung verkündet hatte (siehe unseren Artikel v. 17.10.22), wurden allenthalben Spekulationen verbreitet, mit der seit März dieses Jahres laufenden Kampagne für AKW-Laufzeitverlängerung sei nun Schluß. So hat etwa Berthold Kohler, einer der Herausgeber der FAZ, in einem Beitrag vom 28.10.2022 (, in dem er die Atombombe für Deutschland propagiert,) geschrieben: "Bleibt des Kanzlers Machtwort das letzte in dieser Angelegenheit, dann endet die Atom-Ära in Deutschland kurz nach Ostern. Nicht einmal die von Putin herbeigebombte 'Zeitenwende' konnte daran etwas ändern; um den endgültigen Ausstieg nur um drei Monate und ein Kraftwerk hinauszuzögern, musste Scholz auf seine Richtlinienkompetenz verweisen. Seither gibt nun sogar die FDP Ruhe, jedenfalls fürs Erste."*

Doch schon am 7. November forderte laut der 'Süddeutschen Zeitung'** der Rat der sogenannten deutschen Wirtschaftsweisen, das "wichtigste wirtschaftspolitische Beratergremium der Regierung", die "Laufzeitverlängerung über den 15. April 2023 hinaus".

Und gerade heute, am 11.11., legte Christian Lindner nach. Der FDP-Chef und enthusiastische Porsche-Fahrer sagte in einem Interview: "Ich wäre sofort bereit zu sagen, wir machen in Deutschland ein Tempolimit, wenn die Kernkraftwerke länger laufen." Hatte Lindner nicht erst kürzlich das Gegenteil gesagt? - Ja klar: Die Laufzeitverlängerung um drei Monate gab's ja auch gratis und ohne daß die FDP etwas dafür auf den Verhandlungstisch hätte legen müssen. "Rien ne va plus!" heißt es zwar auch beim Roulette - aber es gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

* www.faz.net/aktuell/politik/inland/deutschland-und-der-ukraine-krieg-brauchen-wir-die-atombombe-18421490.html

** www.sueddeutsche.de/politik/energiekrise-und-inflation-wirtschaftsweise-fuer-hoeheren-spitzensteuersatz-1.5688721