Am Montag, 13.5.2024 mußten sich erneut zwei Atomwaffen-GegnerInnen wegen ihres zivilen Ungehorsams auf dem Atomwaffenstandort Büchel am 8. Mai 2023 verantworten. Die Angeklagten drehten dieses Mal den "Spieß" um und klagten die Gerichte wegen ihrer Untätigkeit als Wächter des Rechtsstaates an. Denn mit der atomaren Teilhabe Deutschlands und dem täglichen Üben eines Atomwaffen-Abwurfes durch deutsche SoldatInnen verstößt die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren gegen Völkerrecht und Grundgesetz. Die Atomwaffen-GegnerInnen mahnen die Justiz, ihrer gesellschaftlichen Wächterfunktion gerecht zu werden.
Das Völkerrecht verbietet den Einsatz und die Drohung mit dem Einsatz dieser gefährlichsten Massenmordwaffe ohne Ausnahme. Mit der atomaren Teilhabe verstößt die Bundesrepublik Deutschland zudem gegen Artikel 2 des Nichtverbreitungsvertrages (NPT) sowie dem Einigungsvertrag (2+4-Vertrag). Mit der aktiven Zulassung der atomaren Aufrüstung (bis zu 2 Milliarden Euro in den Ausbau des Atomwaffenstützpunktes Büchel und mehr als 10 Milliarden Euro Investitionen in neue Trägersysteme für Atomwaffen) liegt ebenfalls ein Verstoß gegen Artikel 6 des NPT-Vertrags vor.
Außerdem verstößt die Bundesrepublik Deutschland gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Leben für alle Menschen, d.h. auch für die GegnerInnen in einem bewaffneten Konflikt sowie allen, die durch die atomare Aufrüstung bisher schon in ihrer Gesundheit und gesunden Lebensgrundlagen geschädigt sind und täglich werden. Das Grundgesetz sagt obendrein klar aus, daß das Völkerrecht über jeder anderen nationalen Gesetzgebung steht und es die Pflicht jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers ist, auf die Einhaltung zu achten.
Auch das Vorsorgeprinzip - in Artikel 20.2 des Grundgesetzes - wie das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Klimakrise noch einmal bekräftigt hatte, ist in diesem Fall in Gefahr. In einem Rechtsstaat hat die Justiz eine korrigierende Wächterfunktion. Diese Verantwortung gilt für alle Justiz-Instanzen, auch für Amtsgerichte. Deshalb forderten die angeklagten Atomwaffen-GegnerInnen das Gericht auf, zumindest mit einer Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht Klarheit über diese Rechtsbrüche deutscher Atomwaffenpolitik herbeizuführen. Leider lehnte, wie in den über 100 Prozessen zu diesem Thema davor, das Gericht ab, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Die beiden Atomwaffen-GegnerInnen wurden wegen ihres zivilen Ungehorsams zu jeweils 60 Tagessätzen wegen Hausfriedensbruch verurteilt.
Deshalb gingen die angeklagten Atomwaffen-GegnerInnen unmittelbar in Berufung. "Die Justiz muss endlich ihrer Verantwortung zur Bewahrung des Rechtsstaates auch im Fall der Atomwaffen übernehmen, weil die politischen Entscheidungsträger auf diesem 'Ohr' völlig taub ist", forderte Lies Welker am Ende ihrer Verteidigungsrede den Richter auf.