Die Tageszeitung 'junge welt' führte ein Interview mit Klaus Schramm, Mitglied der Anti-Atom-Gruppe Freiburg. In einem Bericht der französischen Untersuchungskommission zur grenzüberschreitenden "Öffentlichkeitsbeteiligung" geht es um den geplanten Abriß des AKW Fessenheim.
Was ist Ihre Kritik an dem Bericht?
Wir hatten gefordert:
‣ Es dürfen keine radioaktiv belasteten Flüssigkeiten in den
Rheinseitenkanal und/oder den Rhein eingeleitet werden.
‣ Es dürfen keine radioaktiven Gase in die Atmosphäre abgegeben
werden.
‣ Das Fundament des AKW Fessenheim muß restlos entfernt werden.
‣ Das mit Tritium belastete Erdreich unter dem AKW Fessenheim
muß ausgebaggert wird.
‣ Kein radioaktiv belastetes Metall aus dem Abriß des
AKW Fessenheim darf ins Metall-Recycling gelangen.
‣ Das gesamte nicht-metallene Abriß-Material muß gesondert
gelagert werden, darf nicht auf Hausmüll-Deponien verbracht
werden und dessen weiterer Verbleib muß umfassend
und ausnahmslos öffentlich dokumentiert werden.
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Nach dem französischen Bericht hinsichtlich des Abrisses des AKW Fessenheim fand keine der von der Anti-Atom-Gruppe Freiburg vorgebrachten Forderungen Gehör. Aber in einer am 15. August veröffentlichten dpa-Meldung ist zu lesen: "Deutsche Einwände zu AKW Fessenheim finden Gehör".
Wie werten Sie den deutschen Umgang damit?
Es verwundert nicht, dass sich die pseudo-grüne "Umwelt"-Ministerin in Baden-Württemberg Thekla Walker über den Bericht der französischen Untersuchungskommission freut: Deutsche Einwände seien aufgenommen worden. Auch beim Abriß des baden-württembergischen AKW Obrigheim verlief es nicht vorbildlich. Im Jahr 2020 kam zutage: Der radioaktive Deckel des Reaktordruckbehälters wurde im Jahr 2014 heimlich in die USA transportiert. Zudem soll der als ungefährlich deklarierte radioaktive Betonschutt aus dem Abriß baden-württembergischer Atomkraftwerke auf Hausmüll-Deponien abgeladen werden. Wenn sich dagegen ein Landrat zur Wehr setzt – wie im Neckar-Odenwald-Kreis der Fall – wird er gefügig gemacht. Da war jetzt nichts besseres zu erwarten.
Wie stellt sich die reale Lage am AKW-Standort aus Ihrer Sicht dar?
Bei den offiziell genannten 380.000 Tonnen Abrißmaterial wird das radioaktiv kontaminierte Erdreich unter dem AKW nicht mit eingerechnet. Rund 1.200 Tonnen hochradioaktiver Atommüll in Form von abgebrannten Brennelementen wurde bereits in die Plutoniumfabrik La Hague abtransportiert. Oft ist von 20.400 Tonnen radioaktivem Abrißmaterial die Rede: Eine gefährliche Verharmlosung! Das AKW Fessenheim wurde am 29. Juni 2020 stillgelegt. Bis 2022 wurden etliche Tonnen radioaktiv kontaminierte Borsäure in den Rheinseitenkanal eingeleitet. Offiziell soll der Abriß jedoch erst 2026 beginnen. Im Abrißplan des staatlichen französischen Energie-Konzerns und AKW-Betreibers EDF werden wesentliche Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten. Beispielsweise soll das Fundament des AKW Fessenheim im Boden verbleiben; daraus folgt zwingend, daß das radioaktiv kontaminierte Erdreich unter dem AKW nicht ausgebaggert werden soll. Geplant ist ein Billig-Abriß.
Nötig sei, die Wasserqualität auch auf der deutschen Rheinseite zu kontrollieren, heißt im Bericht des Gremiums. Um dies zu überwachen, schlage die Kommission zusätzliche "Kontrolleinrichtungen" vor. Ist das eine gute Nachricht?
Nein, denn bislang wurde das Einleiten von etlichenTonnen radioaktiv kontaminiertem Bor seitens deutscher Behörden ja stillschweigend geduldet.
Wie sind Ihre Forderungen politisch durchzusetzen?
Wir haben 2019 mit BUND, IPPNW und anderen eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet – und in der Hinsicht im Dreyeckland in der Vergangenheit positive Erfahrungen gemacht: Das AKW-Projekt Wyhl konnte verhindert werden, weil sich eine Mehrheit der Bevölkerung hier aktiv dagegen stellte – gegen die damals regierende CDU. Selbstverständlich führen wir auch Gespräche mit dem Regierungspräsidium Freiburg und holen unabhängige wissenschaftliche Gutachten ein. Wir kämpfen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gewaltfrei gegen einen Billig-Abriß des AKW Fessenheim. Unsere Chancen wachsen, wenn mehr Druck aus der Bevölkerung entsteht.