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Dienstag, 18. Februar 2025

Gemeinsame Erklärung zum 50. Jahrestag der Bauplatzbesetzung des Atomkraftwerks in Wyhl

Nai hämmer gsait!
Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv!
Kein AKW in Wyhl und auch sonst nirgends!
Wyhl 1975 - ein Beispiel

Nai hämmer gsait! - Grafik: Badisch-Elsässische BIs - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Wir, Vereinigungen in der Region am südlichen Oberrhein, danken den vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vom Kaiserstuhl, aus Freiburg und Region, dem Elsaß sowie aus den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen für ihren großen Mut und riesigen Einsatz in Wyhl bei der Besetzung der Baumaschinen am 18. Februar 1975 auf dem Atomkraft-Bauplatz, beim passiven Widerstand während der Räumung des Bauplatzes mit Wasserwerfern durch die Polizei und für ihre gewaltfreie Wiederbesetzung am 23.2. nach einer Großdemonstration der über 50 Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen mit 28.000 Menschen. "Nai hämmer gsait! Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv! Kein Atomkraftwerk in Wyhl und auch sonst nirgends", sind weithin bekanntgewordene Sprüche der Bürgerinitiativen.

Wyhl 1975 war ein Vorbild. Die erfolgreichen Bauplatzbesetzungen in Wyhl und kurz zuvor die gegen die geplante Bleichemiefabrik im elsässischen Marckolsheim sowie kurz danach durch andere Bürgerinitiativen gegen die Atom- kraftwerke Kaiseraugst bei Basel, in Gerstheim (Elsaß) und der Widerstand u.a. gegen die Atomkraftwerks-Projekte Fessenheim (Elsaß) und - auch erfolgreich - bei Breisach und Schwörstadt am Hochrhein stehen für entschlossene Proteste Hunderttausender im "Dreyeckland". Sie stehen für den Beginn des Atomausstiegs und der Energiewende nicht nur in Deutschland. In der Region verhinderten die Initiativen 14 Atomreaktoren und die Brennelementefabrik Heitersheim.

Nach neun Monaten Bauplatzbesetzung in Wyhl, jahrelangen Gerichtsprozessen, nach Verhandlungen mit der Landesregierung und dem AKW-Betreiber in 1976 für die 'Offenburger Vereinbarung' erreichten die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen mit weiteren Protesten und intensivem argumentativen Einsatz 1983 das Ende des Vorhabens und 1994 die endgültige Aufgabe des Standorts Wyhl. Widerstand und anhaltende Proteste der Bürgerinitiativen auch vieler anderer Atomenergie-Standorte bewirkten zusammen mit Umweltverbänden die Bundestagsmehrheit für den 15.4.2023 als gesetzliches Ende der deutschen Atomstromerzeugung.

Die 1974 in Weisweil gegründeten Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, zunächst 21, bald über 50, machten mit ihrer rheinüberschreitenden Zusammenarbeit Geschichte. Im Ringen mit Staat und Konzernen haben sie "Demokratie von unten" vorgelebt, was weltweite Beachtung fand und am südlichen Oberrhein und weit darüber hinaus viele positive Wirkungen zeigte und zeigt. Ihr erfolgreicher Einsatz gegen Atomkraft, für Energie-Alternativen und für Mensch und Umwelt ist eng verflochten mit seither entstandenen weiteren Antiatom-, Energie- und Umwelt-Initiativen. Sie waren einer der "Zündfunken" für die bundesweite Antiatom-Bewegung und das Entstehen grüner Politik.

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen widersetzten sich der drohenden Vision einer großflächigen atomkraft-betriebenen Industrialisierung. Hinter dem u.a. bei Wyhl eskalierten Protest stand die gemeinsame Sorge um ihre Existenzgrundlagen, für Leben und Gesundheit auch künftiger Generationen, für Weinbau und Landwirtschaft, die schöne Heimat, für gute Arbeitsplätze. Die Initiativen blickten auch nach Australien und Nordamerika zum Uranbergbau für Atomkraft und dessen Folgen u.a. für indigene Völker und nach Japan zu den Atombomben Opfern.

Große Sorgen machen uns Vereinigungen weiterhin die alten Atomkraftwerke in der Nordwestschweiz (Beznau 1 und 2, Leibstadt, Gösgen), weitere Atomindustrie-Anlagen wie die Urananreicherungsanlage Gronau (Westfalen), die Brennelemente-Fabrik Lingen (Niedersachsen) und der Atombomben-Standort Büchel in der Eifel. Hinzu kommen auch aktuell krass beschönigende Fehlinformationen pro Atomenergie und das in Fessenheim geplante "Techno Centre", eine große Schmelz- und Verwertungsanlage für Strahlenschrott von Atomenergieanlagen aus weiten Teilen Europas. Andererseits kann als eine Spätfolge von "Wyhl" am südlichen Oberrhein immer noch eine europäische Modellregion für ökologische Energie und Nachhaltigkeit entstehen. Dazu ist es nötig, daß aktive Teile der Bevölkerung sowie ihre Vereinigungen weiterhin Verantwortung übernehmen und Politik sowie Wirtschaft auf einen solchen Weg führen.

Wyhl 50 - die unterzeichnenden Organisationen, 18.02.2025 - Grafik: Badisch-Elsässische BIs - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0