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Freitag, 30. November 2012

Unsere Klage gegen die Auflagen der Stadt Freiburg

Anti-Atom-Gruppe Freiburg, Transpi vor dem Rathaus - Foto: Thomas Rosa - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Eine Chronologie

16. Januar 2012

Im November 2010 begann er mit nur einer Hand voll Menschen - der Montags-Atom-Protest. Über ein Jahr lang - mit zwischenzeitlich mehreren Tausend Menschen - sind wir durch die Freiburger Innenstadt gezogen. Kurz vor den Landtagswahlen, unter dem Eindruck von Fukushima hat sich selbst OB Salomon einmal dazu gesellt. Jedoch mit dem "Atomausstieg" und dem Verschwinden der Atomkatastrophe aus den Medien nahm die TeilnehmerInnenzahl am Bertoldsbrunnen schnell wieder ab. Für die wenigen, die hartnäckig weiter Woche für Woche demonstriert haben, musste ein anderes Konzept her: Wenige zwar, aber trotzdem laut! Dies war dem Amt für öffentliche Ordnung offenbar nicht genehm. Unsere Anmeldungen wurden seit Mai 2011 pauschal mit inakzeptablen Auflagen versehen. Unsere Widersprüche gegen diese Auflagen wurden unkommentiert ans Regierungspräsidium weiter geleitet, das sie – weil die Versammlungen mittlerweile in der Vergangenheit lagen – für nichtig erklärte. Um einer zunehmenden Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit entgegenzutreten, haben wir uns zur Klage gegen die Auflagen der Stadt Freiburg entschlossen. Wir greifen dabei insbesondere die folgenden Auflagen an:

1. Das Benutzen von Trommeln und ähnlich lauten Instrumenten wurde während des Demozuges in der Stadt und während der Kundgebungen auf dem Rathausplatz verboten. Lediglich auf dem Platz der Alten Synagoge wäre das Trommeln erlaubt gewesen, jedoch schon das Mitführen der Trommeln während der Demo war paradoxerweise nicht gestattet.
2. Das Megaphon durfte nur zu Ordnungsdurchsagen benutzt werden und nicht etwa, um Protest zum Ausdruck zu bringen.
3. Es wurde unter anderem gefordert, in der Fußgängerzone die freie Sicht auf Schaufenster (etwa durch Plakate oder herumstehende DemonstrantInnen) nicht zu behindern.

Wir haben uns diesen Auflagen bewußt nicht gebeugt, sondern uns auf kreative Weise über sie hinweggesetzt, weil wir darin eine Form der Repression gegenüber öffentlicher Kritik gegen bestehende politische und gesellschaftliche Zustände sehen. Besonders der dritte Punkt deutet auf eine Priorisierung des uneingeschränkten Konsums gegenüber der Meinungsfreiheit hin. Auch wenn der Montags-Atom-Protest in der bisherigen Form nicht mehr stattfindet, ist uns eine gerichtliche Entscheidung über diese Auflagen wichtig. Die Menschen dürfen sich nicht still und leise von den Behörden in ihren Rechten beschneiden lassen. Es genügt auch nicht, sich darüber hinweg zu setzen und so vom Wohlwollen der Polizeieinsatzkräfte abhängig zu sein. Denn von einem für die Meinungsfreiheit entschiedenen Gerichtsurteil werden alle profitieren. Dieser Rechtsstreit ist ein Beitrag zur Bekämpfung behördlicher Repressionen gegen alle Gruppen in Freiburg, die * zu kritisch, zu laut, zu bunt – zu anders * auftreten.

Die Klage wurde an einem der darauffolgenden Tagen beim Amtsgericht eingereicht.

25. Januar 2012

Veröffentlichung der Pressemitteilung:
Anti-Atom-Gruppe klagt gegen die Stadt Freiburg: "Grundrechte dürfen nicht beliebig eingeschränkt werden"

30. Januar 2012

Berichterstattung der Badischen Zeitung Freiburg: "Atomgegner klagen gegen die Stadt | Demonstranten finden Auflagen überzogen"

25. April 2012

Erneute Einschränkung der Versammlungsfreiheit: Die von der Anti-Atom-Gruppe Freiburg angemeldete Demo am Samstag, den 28. April um 13:15 Uhr hat schon im Vorfeld Einschränkungen durch die Freiburger Ordnungsbehörden ausgelöst. So wurde ein Passieren des Bertoldsbrunnens unter allen Umständen untersagt, weil dort angeblich Zusammenstöße zwischen gewaltbereiten Fußball-Anhängern und einer erst für 14:00 Uhr angekündigten weiteren Demo bevor stünden. Offenbar wird dabei von Seiten der Behörden das Aufbieten massiver Polizeikräfte als einziges Mittel der Deeskalation gesehen, d.h. eine Möglichkeit zur Kommunikation von Vorne herein nicht in Betracht gezogen. Und als wäre dies nicht genug, wird erneut durch das Amt für öffentliche Ordnung ein Spielen von Samba-Musik im Bereich zwischen Friedrichring, Rotteckring und Rempartstraße kategorisch untersagt. Dabei werden weder die individuell unterschiedliche Bebauungssituation im fraglichen Bereich noch das berechtigte Interesse der AtomkraftgegnerInnen an freier Meinungsäußerung näher gewürdigt. Von einer Güterabwägung kann somit überhaupt keine Rede sein.

30. Mai 2012

Die politische Trommelgruppe Sambasta gewinnt vor Gericht. Die Beschlagnahme der Instrumente beim Deutsch-Französischen Gipfel im Dezember 2010 war rechtswidrig. Dazu ein Interview mit der RAin Katja Barth.

13. Juni 2012

Auf Einladung der Stadt Freiburg nehmen zwei Vertreter der Anti-Atom-Gruppe Freiburg an einem Gespräch mit BeamtInnen des Amts für öffentliche Ordnung und dem Polizeirevier Nord teil. Die Aussage des Amts ist, daß zukünftig Instrumente bei Versammlungen nicht mehr verboten werden. Sie sehen jedoch die Notwendigkeit, daß die Einsatzkräfte während Versammlungen kommunizieren können.

Es drängt sich die Vermutung auf, daß die Stadt mit dieser Taktik die Klage abzuwehren versucht.

3. Juli 2012

Nach Antrag der Grünen-Fraktion diskutiert der Freiburger Gemeinderat die Genehmigungspraxis des Amts für öffentliche Ordnung bei Events und Versammlungen. Die Gemeinderatsmitglieder begründen die Notwendigkeit mit dem zähen Kampf der Herausgabe der Samba-Instrumente, der wiederholten Trommelauflagen für die Anti-Atom-Gruppe Freiburg, vor allem aber mit zahlreichen verbotenen Festen.

Dazu ein Kommentar bei RDL.