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Donnerstag, 29. Dezember 2022

BUND gegen AKW-Laufzeitverlängerung:
"Nutzlos und gefährlich!"

AKW-Laufzeitverlängerung stoppen - Foto: Klaus Schramm - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Der Bundestags-Beschluß vom Sommer 2011 zu einem Atomausstieg im Jahr 2022 sah die schrittweise Stilllegung von 9 der damals insgesamt 17 deutschen Atom-Reaktoren vor. Für Ende 2022 war das Aus für drei Atomkraftwerke, das bayerische AKW Isar, das baden-württembergische AKW Neckarwest­heim und das niedersächsische AKW Emsland vorgesehen. Nach Ansicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben Bundesregierung und Bundestag mit der Änderung des Atomgesetzes am 11.11.22 einen "breiten gesellschaftlichen Kompromiss" aufgekündigt. Der BUND kritisiert diese Entscheidung aufs Schärfste und warnt vor den atomaren Gefahren auch im Streckbetrieb.

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, sagte: "Der Weiterbetrieb der drei AKW trägt weder zur Versorgungs-Sicherheit noch zur Stromnetz-Stabilität in Deutschland signifikant bei und steht in keinem Verhältnis zu den Risiken. Statt in diesen Tagen das Aus der Atomkraft in Deutschland zu feiern, stellt der Staat einmal mehr Unsummen für diese Hochrisiko-Technologie bereit. Die Rückbaukosten, die aufgrund des Streckbetriebs erheblich steigen dürften, zahlen laut Vereinbarung zwischen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und den Betreibern die Steuerzahlenden. Nutzen: Keiner!"

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die Bundesregierung die Tür für weitere Laufzeitverlängerungen aufgemacht. Olaf Bandt erklärte: "Schon jetzt zeigt sich, daß die maroden Reaktoren massive Sicherheitsmängel aufweisen und der geplante Betrieb sicherheitstechnisch große Fragen aufwirft. Atomkraft ist eine Hochrisiko-Technologie – da darf es keine Experimente geben."

Mit Blick auf die unbekannten Gefahren im Streckbetrieb fügte Dieter Majer, ehemaliger Bereichsleiter für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen im Bundesumweltministerium an: "Das Hochfahren eines Reaktors ist die störanfälligste Phase in einem Atomkraftwerk. Für das Anfahren während des Streckbetriebes gibt es so gut wie keine Erfahrungen. Diese ungeklärten Risiken kommen zu den allgemeinen Risiken eines Reaktorbetriebs hinzu. So ist beispielsweise die Menge der radioaktiven Spaltprodukte während des Streckbetriebs besonders hoch. Bei einer Störung muß daher mit der Freisetzung besonders hoher Mengen von radioaktiven Stoffen gerechnet werden. Weitere Probleme könnten bei der Kühlung der deutlich höheren Nachzerfallswärme bei einem Störfall im Streckbetrieb auftreten. Dabei könnte es sehr viel schneller zu einer Kernschmelze kommen. Vor dem Hintergrund der Risse in den Dampferzeugerheizrohren mehrerer betroffener Atomkraftwerke wäre es auf jeden Fall erforderlich, alle Dampferzeugerheizrohre vor dem Wiederanfahren auf Rissfreiheit zu überprüfen." Eine umfassende Überprüfung dieser Rohre ist nicht vorgesehen (Siehe hierzu unseren Artikel v. 15.12.22).



Hintergrund

Nach dem Beschluß der Bundesregierung sollen die drei verbliebenen AKW noch bis zum 15. April 2023 am Netz bleiben. Da auch die AKW-Betreiber den Atomausstieg für Ende 2022 - laut Atomgesetz in der Fassung von Mitte 2011 - einkalkuliert hatten, befinden sich die AKW bereits im Streckbetrieb. Damit dieser Streckbetrieb bis Mitte April umgesetzt werden kann, mußte bereits im Oktober das AKW Isar kurzzeitig vom Netz genommen werden, um Komponenten auszutauschen. Im AKW Neckarwestheim und im AKW Emsland müssen für den Streckbetrieb die Brennelemente neu angeordnet werden. Für das AKW Neckarwestheim ist dies Ende Dezember, für das AKW Emsland Mitte Januar vorgesehen. Dabei wird die Einsatzdauer der Brennstäbe im Reaktor um einige Monate verlängert. Die Leistung des Reaktors sinkt sukzessive bis auf etwa 60 Prozent.